Teil 1: Europa’s Niedergang
„Wir haben ... in den Abgrund
geschaut.“[1]
Martin Schulz, ehemaliger
Präsident des EU Parlaments
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Disclaimer: Bitte betrachten
Sie Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit als „zufällig“!
Griechenland gilt gemeinhin als
Wiege der Demokratie. Umso trauriger ist es, dass das Land vor einigen Jahren in
eine existenzbedrohende finanzielle Notlage geraten ist, und Europa gleich mit...
Wie konnte es nur soweit kommen?
Oder um die Frage auszuweiten: Wie gehen Demokratien zugrunde? Wie kann wieder
eine Art Feudalsystem entstehen, in dem der Gleichheitsgrundsatz unter den
Menschen ausser Kraft gesetzt wird? Eine geschichtete Gesellschaft, in der am
meisten gilt, wer am meisten Menschen „unter sich“ hat?
Die Antwort ist einfach: Wenn eine
Krise entsteht, die von Ressourcenknappheit geprägt ist. Dann reicht es nicht
mehr für alle! Dann muss priorisiert werden. Dann heiligt der Zweck die Mittel,
so wird oft behauptet. Dann müssen harte Entscheidungen getroffen werden,[2] und es scheint
gerechtfertigt, das „kleinere Übel“ zu wählen.
Schnell ist man dann bei
„Triage“, wo man unterscheidet zwischen jenen, die das Glück haben, dass ihnen
die meisten Ressourcen zu Teil werden, jenen, die Pech haben, weil man sie im
Grunde aufgibt, und dem Rest, der sich vielleicht irgendwie mit den wenigen verbliebenen
Ressourcen durchwursteln kann. Das „Social Credit Score“ System funktioniert im
Grunde genau so: denn dort hängen die Rechte und der Ressourcen-Zugang vom
persönlichen Punktestand ab.
Doch wie kommt es zu einer solchen
Krise?
Durch Zufall bin ich über
folgende Geschichte gestolpert, die im Zusammenhang mit „Big Pharma“ steht.
Einer Branche, die das Zeug hat, das Leben der Menschen „vom Sperma bis zum
Grab“ zu kontrollieren.[3] Kurzum, es geht um den
medizinisch-industriellen Komplex und ihren Aufstieg zur „Biokratie“. Da es auf
Firmennamen hier nicht ankommt, sprechen wir im Folgenden einfach von „Big
Phi“, wobei der griechische Buchstabe „Phi“ hier für „Pharma“ steht.
Die Geschichte, die ich hier
berichte, wurde offenbar im Jahre 2018 öffentlich, im Zuge von Ermittlungen des
FBI. Unwillkürlich fragt man sich, was die US-Ermittlungsbehörde mit
Geschehnissen in Griechenland zu tun hat. Aber vielleicht war es eine Folge dessen,
dass „Big Phi“, wie es scheint, versucht hatte, einen Anwalt von Donald Trump
zu bestechen, um an politische Interna zu gelangen.[4]
Diese Bestechung versuchte man
pikanterweise gegen den damaligen US-Präsidenten zu instrumentalisieren, was man
– egal wie man nun zu Donald Trump steht – durchaus als frechen politischen
Destabilisierungsversuch der Supermacht USA werten kann. An der Affäre
beteiligt war übrigens auch ein russischer Oligarch. Aber zunächst einmal zurück
nach Griechenland.
Im Februar 2018 las man in den
Zeitungen vom „grössten Skandal in der Geschichte des griechischen Staates“.[5] „Big Phi“ habe durch
üppige Schmiergeldzahlungen die Medikamentenpreise nach oben getrieben. Mit
einem Betrag von etwa 50 Millionen Dollar seien tausende Ärzte sowie zahlreiche
Beamte und Spitzenpolitiker bestochen worden.
Im „Blick“ vom 12.9.2018 erfuhr
man Näheres:[6] „Eine Masche bestand
darin, die Ärzte an gefälschten Studien – vordergründig als Wirkungsstudien für
Medikamente getarnt – teilnehmen zu lassen. Dafür sahnten sie pro Studie
zwischen 3000 und 4000 Euro ab. Die Schmiergelder sollten jeweils die Absetzung
einer bestimmten Menge an [Big Phi]-Medikamenten garantieren.“ Im Ergebnis
wurden dem griechischen Gesundheitssystem schliesslich 1.6 Grippeimpfungen pro
Grieche belastet.[7]
Aber das war nicht alles, wie
man im „Spiegel“ vom 20.2.3018 erfährt:[8] „Die Zahlungen kamen
in verschiedener Form, von Bargeld in Umschlägen bis zu bezahlten Urlauben oder
anderen Geschenken.
Jahrelang wuchsen die Ausgaben
für die Pharmabranche in Griechenland unkontrolliert, von 1,4 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2000 bis auf 2,1 Prozent im Jahr 2010 –
doppelt so hoch wie im europäischen Mittel! Es war jenes Jahr, in dem
Griechenland offiziell Finanzhilfen beim Internationalen Währungsfonds und der
Europäischen Union beantragte...
Diese horrenden Ausgaben zu
senken war eine der Schlüsselvereinbarungen des „Rettungspakets“, um
Griechenland zu sanieren. 2015 waren die Kosten für Pharma-Produkte wieder auf
ein Prozent des BIP gefallen und nahe dem europäischen Standard. Hätte
Griechenland sich von den Jahren 2010 bis 2015 an dieses Verhältnis von
Ausgaben zu BIP gehalten, hätte das Land geschätzte 19,7 Milliarden Euro
einsparen können.“
Die „ZEIT“ vom 12.2.2018 schrieb
gar: „Dies soll den griechischen Staat in den vergangenen 15 Jahren laut
Regierungsangaben bis zu 23 Milliarden Euro gekostet haben.“[9] Eine Menge Geld für
das Land! Und es gab einen Dominoeffekt...
Denn Griechenland galt als
Referenzmarkt.[10] So hatten die
Preisentwicklungen in Griechenland auch Auswirkungen auf andere europäische
Länder. Man könnte durchaus sagen, „Big Phi“ hatte Griechenland das finanzielle
Rückgrat gebrochen und damit eine beispiellosen Krise in Europa verursacht,
angesichts derer Martin Schulz, damals Präsident des EU-Parlaments, in sein
Tagebuch schrieb: „Wir haben kurz in den Abgrund geschaut. Dabei haben wir
gesehen, welche zerstörerische Kraft das Misstrauen besitzt.“[11]
Am 23.2.2018 erfuhr man dann bei
„N-TV“ unter der Überschrift „Versickerte EU-Geld für Athen bei [Big Phi]?“:[12] „Während das
griechische Gesundheitssystem am Tropf der EU-Länder hing, soll [Big Phi]
Politiker in Athen geschmiert haben, um Wucherpreise für seine Pillen
durchzusetzen.“ Und weiter: „Die Elite der griechischen Politik steht am
Pranger: zehn Top-Politiker der Konservativen und Sozialisten, die über
Jahrzehnte die Regierung stellten, darunter der frühere Premierminister und
jetzige Oppositionschef ..., der ehemalige Übergangs-Regierungschef ..., der
heutige Zentralbankchef ... und der griechische EU-Migrationskommissar und
Ex-Gesundheitsminister ...“
Eine Entschuldigung der
betroffenen Politiker wäre wohl angemessen gewesen. Doch stattdessen lesen wir
verblüfft:12
„Die Politiker in Athen
streiten alles als "Hexenjagd" ab. "Die rücksichtsloseste und
lächerlichste Verschwörung aller Zeiten"... Die ... Regierung habe
"falsche Zeugen aufgerufen, um ihre Rivalen zu beschmutzen"...
"Schändliche Verleumdung" nannte [der] Notenbankchef ... gar die
Vorwürfe. Sie seien das Produkt "kranker Köpfe" und politisch
motiviert...
Völlig abwegig sind sie
keinesfalls. Schon 2010 tauchten die Namen mehrerer Ex-Minister auf einer
geheimen Steuersünder-Liste auf, die die damalige französische Finanzministerin
Christine Lagarde in Athen übergeben hatte. Auch enge Verwandte des damaligen
sozialistischen Finanzministers ... standen darauf. Die Lagarde-Liste
verschwand zwei Jahre lang in einer Schublade. Und als sie wieder auftauchte,
waren [einige] Namen ... von der Liste verschwunden. Der Ex-Finanzminister
bekam dafür ein Jahr Gefängnis auf Bewährung.”
In der Tageswoche vom 10.
Februar 2018 erfuhr man weiter:[13]
„Zeugen haben angeblich [den] Ex-Premier
... beschuldigt, einen Koffer voller 500-Euro Scheine für Leistungen an [Big
Phi] in Hellas entgegengenommen zu haben. Medienberichten zufolge soll die Akte
[Big Phi] auch Aussagen über Geldlieferungen im Kofferraum von [Big
Phi]-Dienstwagen an griechische Regierungsstellen beinhalten. Journalisten
sollen als Mittelsmänner zwischen griechischen Politikern und dem Konzern
gedient haben.
Zu den brisantesten bekannt
gewordenen Vorwürfen zählen jene gegen [einen] EU-Kommissar... Er soll 2006 als
Gesundheitsminister unter dem Tisch Geld für HIV-Bluttests erhalten haben. 2009
soll [er] auch den Ankauf von 16 Millionen [Big Phi]-Grippeimpfungen für
Griechenland betrieben haben; das Land hat 10 Millionen Einwohner.
[Er] weist die Anschuldigungen als
haltlos zurück. Auch [der] Notenbankchef ... zeigt sich überzeugt: «Diese
wackligen Vorwürfe haben kein Standbein.» Der ehemalige [Big Phi] Hellas
Vizepräsident ... tat die Anschuldigungen als «grosse Farce» ab. ... drohte
seinem Amtsnachfolger ... mit einer Verleumdungsklage. Und ... sieht hinter den
Vorwürfen grundsätzlich den Versuch, die gesamte Partei zu verunglimpfen...“
Wie der Skandal ausging? Die
Politiker blieben straffrei, während die Kronzeugen, deren Identität unrechtmässig
enthüllt wurde, auf der Flucht sind. Eine ausführliche Darstellung finden Sie
bei „heise online“ vom 21. 2. 2020.[14]
Immerhin musste „Big Phi“ eine
Geldstrafe von 346 Millionen Euro bezahlen.[15]
Doch angesichts der zusätzlich verdienten Milliarden nimmt sich der Betrag eher
wie eine Kleinigkeit aus, man möchte fast sagen: wie ein Geschenk. Für „Big
Phi“ zahlte sich also aus, was viele wohl als „Korruption“ bezeichnen würden, während
halb Europa angesichts der bedrohlichen Finanzkrise in Scherben lag...
Indessen war das nicht nur das
Werk von „Big Phi“. Vielmehr rang China „Big Phi“ enorme Rabatte ab.[16] Obwohl der Deal für
die Firmen vergleichsweise unprofitabel war, liessen sie sich darauf ein, weil
sie auf den riesigen chinesischen Markt spekulierten.[17]
Seitdem wird immer wieder über Medikamentenknappheit in Europa und der Schweiz
berichtet. Die Rechnung für das chinesische „Schnäppchen“ bezahlten die
westlichen Demokratien, wo die Medikamente zum grossen Teil erfunden worden
waren und vielfach höhere Preise gezahlt werden.
Mit anderen Worten: den Preis
bezahlen wir! Übrigens nicht nur für überteuerte Medikamente. Denn während für
das Finanzschlammassel in Europa oftmals die Griechen verantwortlich gemacht
werden, stellte sich bereits 2013 heraus: Von 207 Milliarden Euro Krediten, die
an Athen überwiesen wurden, gingen fast 160 Milliarden (also 77 Prozent!) an
Banken und Kapitalanleger.[18] Wenn Sie also
glauben, mit Ihren Steuern Griechenland gerettet zu haben, dann täuschen Sie
sich gewaltig!
Sie haben dank der
Rettungspakete wohl vor allem Banken, Reichen und Pharma-Unternehmen die
Taschen gefüllt sowie China eine Menge Geld gespart. Das Resultat: Viele
Demokratien liegen in Scherben – oder im Sterben. Doch seitens der Profiteure
spürt man nur wenig Trauer. Man könnte fast meinen, es sei ihnen eigentlich ganz
recht...